Hier möchte ich auf das Thema "Schwerbehinderung" eingehen. Die Thematik selbst ist allerdings so weitreichend,
dass man sich damit Monatelang befassen könnte. Ich will hier nur kurz aufzeigen, was eigentlich "Schwerbehinderung"
heißt und wie und wo wir einen Antrag stellen können. Einige weiterführende Links werden Euch auch zu verschiedenen
Gesetzestexten und Ähnlichem führen.
GdB nennt man den "Grad der Behinderung". Im Sozialgesetzbuch "(SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation
und Teilhabe behinderter Menschen - Kapitel 1 §2" ist festgelegt, dass Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche
Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das
Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Den
kompletten Gesetzestext kann man sich hier herunterladen.
Die Einteilung des Gdb erfolgt immer in 10er Schritten. Bis 50 ist der Betroffene "behindert" - ab 50 gilt man als
"schwerbehindert". Mit der Anerkennung als Schwerbehinderter erhält man Rechtsansprüche auf finanzielle
Vergünstigungen und Hilfen. Das sind zum Beispiel: Zusätzlicher Sonderurlaub, das Recht auf einen Schwerbehindertenausweis,
einen erhöhten Kündigungsschutz, Steuerliche Vorteile, Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme vom Arbeitsamt etc.
Auch Behinderte deren Grad der Behinderung zwischen 30 und 50 liegt können unter bestimmten Voraussetzungen davon Gebrauch
machen. Hat die Behinderung zum Beispiel zu einer äußerlich erkennbaren und dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit
geführt, oder beruht die Behinderung auf einer Berufskrankheit, oder erhält der Behinderte eine Rente oder andere laufende
Bezüge, so gehören auch sie zum begünstigten Personenkreis.
Bei der Feststellung des GdB können vom Versorgungsamt noch verschiedene krankheitsspezifische "Merkzeichen"
zuerkannt werden (z.B.: blind oder gehbehindert) auf die ich hier aber nicht im Detail eingehen will.
Die Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises wird für die Dauer von längstens 5 Jahren vom Monat der Ausstellung an
befristet. Hat sich nach der Erteilung durch das Versorgungsamt der Gesundheitszustand verschlechtert, oder ist z.B. noch
eine weitere Gesundheitsstörung hinzu gekommen, kann man eine Neufeststellung beantragen.
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Fakt ist, dass es sich bei Clusterkopfschmerz definitiv um eine Behinderung handelt. Wie schon vorher beschrieben ist
festgelegt, dass derjenige als behindert gilt, dessen körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit
mit hoher Wahrescheinlichkeit länger als 6 Monate vom dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Verschiedene Betroffene haben jährlich nur kurze Episoden, welche sich allerdings mehrfach im Jahr wiederholen können.
Keine Person mit Clusterkopfschmerz kann sagen wann der nächste Anfall oder die nächste Episode kommt. Somit gilt dies als
"Krankheit". Diese Erkrankung ist, nach dem heutigen wissenschaftlichen Stand, nicht heilbar, also kann man nicht
davon ausgehen, dass sich dieser Zustand in den nächsten 6 Monaten verbessern wird. Jeder Betroffene leidet meist ein Leben
lang an diesen enormen Schmerzen. Somit sind alle Faktoren einer Schwerbehinderung gegeben.
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Als erstes möchte ich kurz vorausschicken, dass es bedeutend einfacher ist einen Antrag mit Hilfe von Organisationen
(wie z.B.: Selbsthilfegruppen) auszufüllen, die das schon mehrmals gemacht haben und sich mit dem "Papierkram"
auskennen. Auch weiß man hier sehr genau welche Höhe des GdB im Normalfall festgelegt wird und kann dann im
Widerspruchsverfahren dementsprechend reagieren.
Die Feststellung des GdB unterliegt dem örtlich zuständigen "Amt für Versorgung und Familienförderung"
(Versorgungsamt). Ein Verzeichniss der bundesweiten Versorgungsämter findet ihr auf
https://www.integrationsaemter.de/versorgungsaemter/557c/index.html.
Das Antragsformular "Antrag auf Feststellung einer Behinderung und des Grades der Behinderung (GdB) nach §69
Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch (SGB IX) und ggf. Ausstellung eines Ausweises" bekommt man beim Versorgungsamt,
Schwerbehindertenvertretungen in Betrieben oder Verwaltungen, Gemeindeverwaltungen, aber auch bei Beratungsstellen,
Behindertenverbänden, Geschäftsstellen des VdK und Gesundheitsämtern. Die Antragsformulare sind von Bundesland zu
Bundesland verschieden.
Beim Ausfüllen des Formulars müssen zuerst perönliche Daten wie Name, Wohnort etc. angegeben werden. Als nächstes folgen
die Angaben zu den berücksichtigenden Gesundheitsstörungen. Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass man
nicht "Clusterkopfschmerz" einträgt, da dies von den meisten
Versorgungsämtern als "einfache Kopfschmerzen" abgetan wird. Stattdessen sollte man Begriffe wie
"Erythroprosopalgie" oder "Bing-Horton-Neuralgie" verwenden. Diese Begriffe bezeichnen zwar das
gleiche Leiden, lassen das Ganze aber "Fachchinesich" klingen. Weiterhin können dann noch andere
Gesundheitsstörungen eingetragen werden.
In den nachfolgenden Feldern müssen nun die Ärzte, Krankenhäuser und Kliniken aufgeführt werden in denen, aufgrund
der beschriebenen Gesundheitsstörungen, eine Behandlung erfolgte. Mit Unterschrift am Ende des Formulars, und damit
verbundener Entbindung der Ärzte und anderen schweigepflichtigen Personen von der Schweigepflicht, kann dieses dem
zuständigen Versorgungsamt übersendet werden. Da das Versorgungsamt später bei den angegebenen Ärzten die jeweiligen Befunde
abruft ist es ratsam, sich bereits im Vorfeld mit dem vertrauten Arzt über den Antrag zu unterhalten. Hier sollte ihm
geschildert werden welche Probleme im Alltag mit dieser Krankheit zu bewältigen sind und wo überall Einschränkungen gemacht
werden müssen.
Ein Merkblatt zum Antrag auf Feststellung einer Behinderung / Schwerbehinderung im PDF-Format findet ihr
hier.
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Nach erfolgtem Eingang des Antrages beim Versorgungsamt bekommt man als Erstes eine Eingangsbestätigung mit dem
zugeteilten Aktenzeichen und dem Eingangsdatum. In den darauf folgenden Wochen und Monaten wird sich der zuständige
Sachbearbeiter sämtliche Unterlagen der genannten Ärzte und Kliniken zukommen lassen, diese auswerten und dementsprechend
einen GdB festlegen.
Seit dem 01.01.2009 wird die Festsetzung des GdB auf der Grundlage der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV)
vom 10. Dezember 2008 getätigt. Sie trat zum 1. Januar 2009 in Kraft. Die Grundlage der Versorgungsmedizin-Verordnung wird
vom "Bundesministerium für Arbeit und Soziales" publiziert und kann
hier
als PDF-File herunter geladen werden. Weitere Infos darüber findet man auf den Seiten des Bundesministeriums under der
Rubrik Versorgungsmedizin.
Wie lange man auch sucht - man wird in dieser Publikation keinen Clusterkopfschmerz finden. Aufgeführt sind lediglich
(auf Seite 19 unter "Kopf und Gesicht") Gesichtsneuralgien und Migräne. Dies ist auch der Punkt warum die
Festlegungen des GdB von den Versorgungsämtern bei Clusterpatienten so weit auseinander gehen. Wenn der Sachbearbeiter,
oder der evt. zugezogene Arzt, die Krankheit nicht kennen, wird überlicherweise ein GdB festgestellt, der für
Clusterkopfschmerzkranke deutlich zu niedrig ist.
Bereits am 19.02.2002 hat die Clusterkopfschmerz-Selbsthilfe-Gruppe
(CSG e. V.) den Mitgliedern des deutschen Bundestages ein "Weißbuch" übergeben in dem, unter Anderem,
auch auf dieses Problem aufmerksam gemacht wird.
Noch ganz kurz zur Festlegung des GdB. Wenn mehrere Gesundheitsstörungen beim Antrag angegeben wurden,
werden diese in einem Gesamt-GdB-Grad festgelegt. Wie in den "Grundlage der Versorgungsmedizin-Verordnung"
(Teil A - Allgemeine Grundsätze - Punkt 3) nachzulesen ist, können die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen
nicht zu einem Gesamt-GdB addiert werden. Zitat: "Maßgebend sind die Auswirkungen
der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in Ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen
zueinander."
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Hat man letztendlich seinen Bescheid vom Versorgungsamt bekommen werden die meisten Betroffenen erst mal mit dem Kopf
schütteln. In den meisten Fällen ist (wie schon vorher erwähnt) die Höhe des GdB deutlich zu gering ausgefallen. Ist dies der
Fall hilft nur noch ein Widerspruch.
Die Widerspruchsfrist gegen diesen Bescheid beträgt ein Monat. Zuerst sollte man dem Versorgungsamt schriftlich eine
Mitteilung machen, dass man gegen diesen Bescheid Widerspruch erhebt - somit wird die Widerspruchsfrist auf jeden Fall
eingehalten. In diesem Schreiben sollte man auch um die Stellungnahmen des ausführenden Gutachters bitten, um so zu sehen
worauf die Festlegung basiert.
Die genau detaillierten Begründungen des Widerspruchs kann man dem Versorgungsamt zu einem späteren Zeitpunkte nachreichen.
Hierzu ist es aber jedem nahe zu legen auf Organisationen zurückzugreifen, die sich auf diesem Gebiet auskennen. Das
Widerspruchsschreiben selbst ist nicht mehr an Formulare gebunden und sollte genaue Formulierungen enthalten, welche
Auswirkungen der Clusterkopfschmerz und/oder auch andere Gesundheitsstörungen auf das berufliche- und tägliche Leben, das
soziale Umfeld etc. des Betroffenen haben.
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Die Beantragung der Feststellung des GdB ist ein zweischneidiges Schwert. Zum Ersten ist da natürlich der Kostenfaktor.
Jeder Betroffene weiß, wie viel Mehrbelastungen er alleine an Arzneimitteln, Fahrten zu Ärzten etc. aufwenden muss. Mit dem
Lohn- bzw. Einkommensteuerfreibetrag kann man die Kosten zumindest teilweise abfangen.
Anders ist es im Berufsleben. Der Gesetzgeber stellt sich vor, dass die Schwerbehinderteneigenschaft, einmal abgesehen von
den gesundheitlichen Einschränkungen, keine Nachteile mit sich bringen darf. Im täglichen Leben ist dies aber leider nicht
immer so. Vor allem wer eine Arbeit sucht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass Wirtschaftsunternehmen wegen des
Kündigungsschutzes in der Mehrzahl der Fälle schwerbehinderte Menschen nicht einstellen. Arbeitgeber dürfen einen
Stellenbewerber fragen, ob er schwerbehindert ist, denn sie müssen laut Gesetz bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes auf
die Behinderung Rücksicht nehmen. Diese Frage muss auch nach bestem Wissen beantwortet werden. In dieser Situation ist es
also besser, nicht zu wissen, ob man schwerbehindert ist. Denn dann kann man mit "nein" antworten und hat so evtl.
bessere Chancen. Wer hingegen einen Schwerbehindertenausweis hat, muss dies auch sagen und damit rechnen, dass er die Stelle
dann nicht erhält.
Aber Achtung! Beim öffentlichen Dienst ist es genau anders: Schwerbehinderte werden
dort bevorzugt eingestellt. Bei einer Bewerbung sollte man daher die Schwerbehinderung von Anfang an angeben!
Eine interessante Publikation zum Thema "Schwerbehinderung und Arbeit" habe ich
hier gefunden.
Auch sollte man bedenken, dass eine ausgewiesene Schwerbehinderung durchaus auch zu Minderwertigkeitskomplexen oder anderen
Persönlichkeitsproblemen führen kann. Gerade mit Clusterkopfschmerz kommt man sich in den Remmisionsphasen sicherlich nicht
als "Schwerbehinderter" vor. Nur wo fängt die Schwerbehinderung an?.....
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